Es ist ungewöhnlich, wenn der Präsident von Europa Uomo Schweiz, der Prostata- und Männerkrebs-Patientenorganisation über Brustkrebstherapien berichtet. Die persönliche, langjährige Erfahrung von Max Lippuner ist bemerkenswert und gibt neue Hoffnung.Prostatakrebs – häufigst diagnostizierter Männer-Krebs, 6000 Neudiagnosen p.a. Mit 57 Jahren erhielt ich die Diagnose «grossvolumiger, hochaggressiver» Prostatakrebs. Die ärztliche Empfehlung lautete damals: Prostatektomie und Schutzbestrahlung. Erwartete Nebenwirkungen: Impotenz, möglicherweise Inkontinenz und Rückfall Ich habe mich nach vielen Überlegungen «nur» für die Bestrahlung entschieden. Die behandelnden Ärzte haben meine Wünsche argumentlos akzeptiert. Das Ergebnis ist sehr erfreulich: 10 Jahre Ruhe ohne jegliche Therapie. Dann kamen die Erfahrungen zum fortgeschrittenen Prostatakrebs: ansteigender PSA, bestätigter biochemischer Rückfall und anschliessende Suche nach dem Ort des Rückfalls. Dies geschah mittels PSMA-PET-CT und zeigte Gutes: saubere Prostata, Lymphknoten und Samenblasen aber auch Schlechtes: nämlich 1 grosse Metastase (2,8 cm) im unteren rechten Beckenknochen. Diese wurde punktuell bestrahlt und damit stillgelegt. Aber schon nach kaum 2 Jahren stieg der PSA-Wert wieder an. Ergebnis des neuerlichen PSMA-PET-CT: alles ruhig, nur jetzt 2 Metastasen im Rückgrat im Wirbel S3 und L1. Noch einmal die gleiche Therapie. Wiederum Ruhe bis … Seit dem Beginn meiner persönlichen Betroffenheit im Jahr 2007 habe ich mich mit der komplexen Thematik detailliert auseinandergesetzt. Die vielen verschiedenen Facetten von Behandlungen, Medikamente und Nebenwirkungen, schweizerische und europäische Standards, Umgangswissen von Selbsthilfegruppen usw. liessen mich die Zusammenhänge erkennen und vernetzen. Es ist ein grosses Feld mit sich schnell ändernden Therapien und darum ist es mir wichtig, einen Beitrag zum Stand der Entwicklung zu geben. Zudem steht diese Entwicklung innerhalb des Schweizer Gesundheitssystems. Auch damit beschäftige ich mich intensiv mit dem Ziel den Patienten von schweren, chronischen Krankheiten eine Stimme zu geben. PSMA-PET-CT (PSMA: prostataspezifisches Membran-Antigen / PET: Positronenemmissionstomographie / CT: Computer Tomographie) Das PSMA ist ein membrangebundenes Glykoprotein, das in Deutschland im Jahr 1993 entdeckt wurde. PSMA kommt in geringerer Menge auf Prostata- und auch anderen Zellen und in grossen Mengen auf Prostatakrebszellen vor. Des Weiteren findet es sich in grösseren Mengen auf Zellen der Neovaskulatur (neugebildeten Gefäßen) anderer solider Tumorarten, z.B. auch bei Brusttumoren. Mit dem Progressions- und Metastasierungsgrad nimmt die Expression von PSMA zu. Durch die hohe Spezifität stellt es als Tumormarker ein ideales Zielantigen für neue Therapieansätze gegen das Prostatakarzinom dar. Für diagnostische Zwecke können PSMA-spezifische monoklonale Antikörper für bildgebende Verfahren verwendet werden. Für therapeutische und immunsystemunterstützende Anwendungen ist das PSMA bestens geeignet. Nach Basisstudien der Phasen I und II wurde das PSMA ab ca. 2010 in Deutschland prognostisch und ab ca. 2013 therapeutisch eingesetzt. Die Schweiz zog vor 2 Jahren prognostisch und dieses Jahr therapeutisch nach. Wirksamkeit Leider ist die Wirksamkeit von Mensch zu Mensch und von Krebsart zu Krebsart sehr verschieden. Ca. 30 % der Menschen sprechen nicht oder schlecht auf das PSMA an. Hier ist noch beträchtliche Forschung nötig. Bei wirksamer Diagnose ist die Wirksamkeit der Therapie entsprechend. Markt-Zulassung Eine Erstzulassung eines Medikamentes durch das BAG (Bundesamt für Gesundheit) erfolgt, wenn erfolgversprechenden oft versuchsweise, z.B. aufgrund einer Empfehlung oder Zulassung durch die Europäischen Medizin Agentur (EMA). Während dieser Zeit werden mit Phase III Studien weitere Daten erhoben, die die Wirksamkeit und die Toxizität und Nebenwirkungen abklären. Dann erfolgt die Marktzulassung. Nach der Marktzulassung wird mit Phase IV Studien die Langzeitwirkung überprüft. Diese Daten und Fakten sind noch ausstehend. Im Verlaufe der letzten Jahre konnte festgestellt werden, dass der Nutzen für die Patienten signifikant höher ist als das Schadensrisiko. Wie verläuft die PSMA Diagnostik und Therapie Diagnostik: Der Patient erhält eine Injektion von PSMA kombiniert mit einem leichten radioaktiven Strahler mit 40-80 Stunden Halbwertszeit. Das mit dem radioaktiven Strahler (diverse möglich) kombinierte PSMA dockt an den Krebszellen an und schlüpft in diese hinein. Der Patient trinkt Wasser und wird nach ca. einer Stunde in den Computer- Tomographen (CT) oder das MRI (Multiresonanz Imaging) verlegt. Die Ganzkörperbilder zeigen dann exakt an, wo bis ca. 2 mm grosse (MRI) Krebszellen im Körper vorhanden sind. Ausser entstehen keine Nebenwirkungen. Therapie: Die Therapie verläuft grundsätzlich gleich, aber mehrmals mit starken radioaktiven Strahlern mit Halbwertszeiten von wenigen Stunden. Die Menge der Injektionen und die zeitlichen Abstände sind in weiterer Abklärung. Der starke, PSMA-basierte Strahler dockt an den Krebszellen an und bestrahlt und zerstört die Krebszellen von innen heraus. Die Patienten werden dazu tageweise stationär aufgenommen, um mögliche Fieberschübe zu begrenzen. Es entstehen keine oder kaum spürbare, schnell abflauende Nebenwirkungen. Immunsystemtherapie: Auch hier der gleiche Vorgang. Der PSMA-basierte Immunsystemelement dockt an den Krebszellen an und macht diese für das eigene Immunsystem wieder erkenn- und damit zerstörbar. Damit wirkt das Immunsystemelement als Therapieverstärker. Es entstehen keine Nebenwirkungen. Zum entsprechenden Immunsystemelement wird noch geforscht. Nachsorge: die Nachsorge besteht aus der Messung des PSA-Wertes im Blut, der im Gegensatz zum gesunden Mann, jetzt krebsspezifisch ist. Steigt der PSA-Wert wieder an, ist eine weitere Behandlung notwendig. Beim gesunden Mann ist der PSA-Wert ein Entzündungsmarker oder ein Krebsmarker. Krankenkassenliste Schweiz Für Prostatakrebs ist in der Schweiz die Prognostik nach dem Rückfall und die Therapie als Zweitlinientherapie zugelassen. Ebenso bei jungen Frauen mit hochaggressivem Brustkrebs. Andere Krebsarten Nun Sie haben bereits gelesen, das PSMA, eben das prostataspezifische Membranantigen auch auf den neugebildeten Zellen entsteht, wie z.B. auch beim Brustkrebs, Nieren- und Leberkrebs. Wenn es nicht seit 1993 so hiesse, würde man dieses Protein umbenennen. Brustkrebs Der Brustkrebs trifft bekanntlich viel öfter auch junge Frauen und ist im Gegensatz zum Prostatakrebs kein reiner Alterskrebs. Brustkrebs ist im Gegensatz zum Prostatakrebs nicht gekapselt, das heisst entsteht nicht in einem kleinen (grundsätzlich sogar verzichtbaren Organ) sondern im flächigen Brustgewebe und zirkuliert mit dem ersten Auftreten schon im ganzen Blutkreislauf. Daher sind Rückfälle nach Brustknotenoperationen sehr viel häufiger. Gerade hier setzt der PSMA-Einsatz ein und eröffnet bessere, effizientere Therapiemöglichkeiten mit massiv weniger Nebenwirkungen als eben die bekannten Behandlungen mit jahrelanger Hormonunterdrückung und mehr oder weniger personalisierter und damit weniger toxischen Chemotherapie. Persönliches Fazit Ich bin zutiefst dankbar darüber, dass ich vor 12 Jahren für meine Prostatageschichte richtig entschieden habe. Und, dass genau zum für mich notwendigen Zeitpunkt weitere Therapien, auch in der Schweiz durch die Krankenkasse bezahlt werden und nutzbar sind. Ich habe mich zum Voraus gegen weitere Hormonunterdrückung und Chemotherapie entschieden. Mit dem heute nutzbaren Therapieangebot komme ich auch entsprechend den neuesten, ärztlichen Beratungen voraussichtlich ohne die massiv lebensqualitätsmindernde Hormonunterdrückung und Chemotherapie aus. Das wünsche ich möglichst vielen Krebspatienten. Meine Erwartungen und Hoffnung Als Betroffener/Patient erwarte ich den weiteren Einsatz eines laufend verbesserten PSMA. Ich träume von der Zeit, wo Behandlungen so günstig werden, dass nach der krebsspezifischen Anamnese das PSMA zur Diagnostik, zur Therapie und zur Nachtherapie mit einem Immunsystemelement eingesetzt wird. Dies würde eine effiziente und wirksame Krebstherapie weitgehendst ohne Nebenwirkungen bedeuten. Max Lippuner, Präsident Europa Uomo Schweiz
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